Quo vadis Europa?
Q2-Studienfahrt nach Brüssel
Vom 29. Januar bis 1. Februar 2018 kamen die Schülerinnen und Schüler der Leistungskurse Sozialwissenschaften und Geschichte (Q2) Europa näher denn je: Sie hatten die Chance, zur Vertiefung des Themas „Europäische Integration“ eine Exkursion nach Brüssel durchzuführen. Dort stand die Teilnahme an einem Europaseminar, das eine Politikwissenschaftlerin des Gesamteuropäischen Studienwerks in Vlotho vorbereitet und realisiert hatte, im Vordergrund.
Nach der Ankunft am Hostel und einer kurzen Einführung in das Thema ging es zur Europäischen Kommission, wo eine gebürtige Krefelderin zunächst die Geschichte der EU-Exekutive und die gegenwärtige Zusammenarbeit mit den anderen europäischen Institutionen skizzierte und anschließend die im Geschichts- und Sozialwissenschaftsunterricht vorbereiteten Fragen der Schülerinnen und Schüler beantwortete. Der erste Tag endete mit einem historisch-politischen Stadtrundgang und der Möglichkeit, belgische Spezialitäten auszuprobieren.
Am zweiten Tag besuchte die Gruppe zunächst das Europäische Parlament und hatte dort die Gelegenheit, das Parlamentsmitglied Arndt Kohn (SPD) aus Stolberg zu treffen und auch ihm kritische Fragen, z.B. zum Brexit oder zur Flüchtlingsthematik, zu stellen. In der Mittagspause ging es zur traditionsreichen Friterie zum Heiligen Antonius – in der Schlange vor der Bude waren Stimmen aus allen 24 Amtssprachen der EU zu hören. Nachdem die Schülerinnen und Schüler bei der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der EU von Herrn Fregattenkapitän Zimmermann begrüßt und in sein Fachgebiet Militärpolitik eingeführt worden waren, teilte sich die Gruppe auf. Während die Sozialwissenschaftler das Parlamentarium – ein Museum zum Europäischen Parlament und der neueren europäischen Geschichte – besuchten, begaben sich die Historiker im Haus der europäischen Geschichte auf eine EU-Zeitreise durch Mythen und Entdeckungen bis hin zu den Schrecken der Weltkriege und der Wiedergeburt des Kontinents nach 1945.
Am Mittwoch standen während des Besuchs beim Rat der Europäischen Union besonders die Aufgaben und Positionen der Nationalstaaten in der EU im Mittelpunkt. Hier erläuterte ein österreichischer EU-Beamte – Typ alter Hase – Aufgaben und Rolle des Rates im europäischen Institutionengefüge und diskutierte mit den Teilnehmern über die enormen Herausforderungen, mit denen sich die Europäische Union momentan konfrontiert sieht. Dabei wurde auch die Rolle der Bundesregierung im Europäischen Rat über die letzten Jahre hin kritisch beleuchtet. Nach einer Mittagspause in der Innenstadt war die Gruppe zu Gast bei der „Permanent Delegation of the Republic of Turkey to the EU“. Da lernte sie die Sichtweise der Türkei zu einer EU-Mitgliedschaft des Landes und zu den zahlreichen, aktuellen Menschenrechtsfragen kennen.
Zum Abschluss der Exkursion thematisierte das Seminar am Donnerstag den Lobbyismus in der EU. Die Schülerinnen und Schüler besuchten sowohl das „Scottish Government EU Office“ als auch die „European Federation of Journalists“. Während beim ersten Treffen – etwas erschwert durch den starken schottischen Akzent – vor allem Schottlands kritische Sicht auf die aktuellen Brexit-Verhandlungen deutlich wurde, schärften die Mitarbeiter der Europäischen Journalisten-Föderation den Blick der Teilnehmer auf die – nicht nur international, sondern auch innerhalb der Europäischen Union – z.T. brisante Situation für Journalisten. Sehr kritisch sahen die Referenten das gerade in Deutschland verabschiedete Gesetz zu Hassposts in sozialen Medien. Nach der Abschlussdiskussion und der Seminarauswertung ging es am Donnerstagabend zurück nach Hückelhoven.
Während der viertätigen Studienfahrt hatten die Q2-Schülerinnen und Schüler also die Gelegenheit, die historischen Grundlagen, die Funktionsweise und die Politiken der EU und ihre Auswirkungen auf unseren Alltag sowohl „von innen“ als auch aus verschiedenen Perspektiven zu erleben. Darüber hinaus lernten sie aktuelle Fragestellungen und zukünftige Herausforderungen des europäischen Integrationsprozesses durch die persönlichen Gespräche mit den EU-Diplomaten – die sich extra Zeit für uns genommen hatten, um über ihre Arbeit zu berichten – und die anschließenden Diskussionsrunden besser zu verstehen. Dass die Studienfahrt ein vertieftes Verständnis für die Europäische Integration geschaffen hat, zeigte sich in den Schüleraussagen zur abschließenden Seminarauswertung. So stellte ein Schüler beispielsweise fest: „Ich fühle mich jetzt mehr als Europäer als vorher.“ Eine andere Schülerin sagte: „Man konnte einmal hinter die Kulissen schauen und sehen, dass wir alle, auch die Politiker der Europäischen Union, nur Menschen sind.“