Homosexuelle Häftlinge

Laut § 175 bzw. § 175a des Strafgesetzbuches waren sexuelle Beziehungen zwischen Männern in Deutschland verboten. Die Nationalsozialisten verfolgten Homosexuelle streng und inhaftierten viele Männer in Konzentrationslagern. Da die von den Nationalsozialisten verschärften Gesetze in der Bundesrepublik bestehen blieben und homosexuelle Beziehungen unter erwachsenen Männern bis Ende der 1960er Jahre sogar mit Gefängnishaft bestraft werden konnten, verschwiegen viele von ihnen ihre KZ-Erfahrungen. Erst in den 1980er Jahren begannen die Aufarbeitung und die Erinnerung an ihre Verfolgung durch die Nationalsozialisten.

Lesbische Frauen fielen nicht unter den Paragrafen § 175. Aber auch sie wurden teilweise durch die Nationalsozialisten verfolgt. In den Konzentrationslagern erhielten sie statt des rosa Winkels den schwarzen Winkel für vermeintlich „asoziale“ Häftlinge.

Homosexualität im Nationalsozialismus

1935 wurde der § 175 des Strafgesetzbuches, der sich gegen Homosexuelle richtete, erheblich verschärft. Insgesamt wurden ca. 10 000 homosexuelle Männer in Konzentrationslager verschleppt. Lokale, an denen schwule Männer sich trafen, wurden geschlossen und Homosexuellenverbände aufgelöst. Das Gesetz stellte nur männliche Homosexualität unter Strafe, jedoch wurden auch homosexuelle Frauen als „Asoziale“ in Konzentrationslager deportiert. Im KZ Neuengamme waren einige hundert homosexuelle Häftlinge inhaftiert, von denen mindestens 33 dort starben.

Verfolgung

Homosexuelle Männer galten den Nationalsozialisten als „Volksschädlinge“, da sie nicht zur Geburtensteigerung beitrugen. Generell wurden Homosexuelle von weiten Teilen der Gesellschaft verachtet und diskriminiert. Homosexuelle Handlungen unter Männern standen nach § 175 des Strafgesetzbuches seit dem 19. Jahrhundert unter Strafe. 1935 erhöhten die Nationalsozialisten die Strafen drastisch und schufen neue Tatbestände. Eine einfache Berührung konnte nun als „Unzucht“ gewertet werden und zur Verurteilung führen. Bald darauf wurde die Verfolgung durch zusätzliche Erlasse weiter verschärft. Die Kriminalpolizei führte Razzien durch, erfasste homosexuelle Männer in eigenen Listen, durchsuchte Wohnungen und überwachte Personen, die sie homosexueller Kontakte verdächtigte. Die soziale Isolation und die Angst vor Denunziation und Verfolgung trieb zahlreiche Homosexuelle in den Selbstmord. Homosexuelle Frauen wurden nicht systematisch verfolgt, doch auch sie wurden diffamiert und benachteiligt. Waren sie aus anderen Gründen straffällig geworden, wurden sie oft höher bestraft als heterosexuelle Frauen.

Name: Emil Drillich
Geboren: 15. Juni 1908 in Lötzen (Ostpreußen)
Beruf: Theater Requisiteur beim Landestheater im ostpreußischen Allenstein

 

NS-Zeit und Inhaftierung

Die Kriminalpolizei Königsberg verhaftete ihn in Allenstein am 28. April 1938. Ihm wurden homosexuelle Handlungen nach § 175a Strafgesetzbuch, sogenannte schwere Unzucht, vorgeworfen. Das Strafmaß dafür betrug bis zu zehn Jahre Zuchthaus. Emil Drillich verbüßte sechs Jahre im Zuchthaus Wartenburg und wurde im Juni 1944 in das Konzentrationslager Stutthof bei Danzig überführt. Er wurde mit der Häftlingsnummer 36728 registriert und der Haftkategorie „Vorbeugehäftling/Homo“ zugeordnet. Emil Drillich war einige Monate zuvor jedoch bereits vom Stammlager Stutthof in das Nebenlager Pölitz bei Stettin zur Zwangsarbeit überstellt worden. Er wurde am 18. April 1945 zusammen mit fast 400 anderen Inhaftierten per Eisenbahn in ein Außenlager des KZ Ravensbrück verlegt. Die Rote Armee befreite die Überlebenden des Lagers Barth schließlich am 2. Mai 1945, nachdem auch dort noch viele Insassen auf Todesmärsche in Richtung Rostock geschickt worden waren.

 

späteres Leben

Nach seiner Befreiung versuchte Emil Drillich zunächst in seine ostpreußische Heimat zurückzukehren. Er war während seiner Haftzeit im Lager an Tuberkulose erkrankt, so dass er bis Anfang 1946 wegen seiner angeschlagenen Gesundheit kaum arbeiten konnte. Im Frühjahr 1946 begann er eine Tätigkeit in einem Kino. Er musste häufiger seine Arbeitsstelle wechseln und arbeitete auch als Einkäufer, Grubenarbeiter und bei der Wismut AG, die in ihren Revieren in Sachsen Uran für die Sowjetunion förderte. Emil Drillich verbrachte wegen seiner homosexuellen Neigung sieben Jahre im Zuchthaus und im Konzentrationslager. Aufgrund verschiedener, für ihn günstiger Aussagen ehemaliger Mitgefangener erhielt er bereits zwei Wochen nach seiner Befreiung, am 17. Mai 1945, eine Bescheinigung, dass er politischer Schutzhäftling aufgrund einer Verurteilung wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ gewesen sei. Die Betreuungsstelle „Opfer des Faschismus“ in seinem Wohnort Waldenburg erkannte ihn 1946 als „Opfer des Faschismus“ an. So entging Emil Drillich einer weiteren Stigmatisierung als vorbestrafter Krimineller und konnte sich ein unauffälliges, bürgerliches Leben in der DDR aufbauen.

Name: Heinrich Roth
Geboren: 17. März 1907 im Saarland
Beruf: Begonnene Ausbildung zum Fotografen in Hamburg
Gestorben: 3. Mai 1945

In einem Lokal lernte er seinen Partner Carl kennen. Beide wurden 1936 wegen ihrer Beziehung nach § 175 des Strafgesetzbuches zu mehrmonatigen Gefängnisstrafen verurteilt.

1938 begann Heinrich Roth eine neue Beziehung, dieses Mal vereinbarten er und sein Partner absolutes Stillschweigen. Dennoch wurde Heinrich Roths Freund festgenommen und sagte nach Misshandlungen auch gegen seinen Partner aus.

1940 wurde Heinrich Roth über das KZ Sachsenhausen in das KZ-Neuengamme deportiert. Zeitweise war er dort im Erkennungsdienst der Politischen Abteilung als Fotograf eingesetzt. Ende April 1945 kam er im Zuge der Lagerräumung nach Lübeck, wo die SS einen Großteil der Häftlinge des KZ-Neuengamme auf Schiffe brachte. Bei der Bombardierung der „Cap Arcona“ durch britische Kampfflugzeuge am 3. Mai 1945 kam Heinrich Roth ums Leben.

 

Name: Willi Zimmt
Geboren: 26. Februar 1905 in Berlin
Beruf: zunächst als Hotelpage, dann als Telefonist und Zigarrenhändler
Gestorben: 9. April 1944 im KZ Bergen-Belsen

Im Juni 1937 wurde er anonym denunziert und wenig später festgenommen. Am 14. Februar 1938 verurteilte ihn das Landgericht Berlin nach § 175 zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. Nachdem Willi Zimmt kurz wieder in Freiheit war, lieferte die Gestapo ihn im Juli 1943 schließlich in das KZ Buchenwald ein, wo er in einer Strafkompanie unter härtesten Bedingungen im Steinbruch arbeiten musste. Über das Buchenwalder Außenlager Dora kam Zimmt am 27. März 1944 nach Bergen-Belsen.