Eine doppelte Premiere

Am 28. März 2019 fand in der Aula des Gymnasiums der Stadt Hückelhoven eine doppelte Premiere statt: Einerseits war es die erste Aufführung des Dramas „Andorra“ durch den Projektkurs „Darstellendes Spiel“, andererseits auch die Premiere des Projektkurses, den es erst seit diesem Schuljahr (2018/19) erstmalig am Gymnasium Hückelhoven gibt.

Der Projektkurs baut auf dem Literaturkurs der Q1 auf und die Schülerinnen und Schüler haben sich selbst mit den unterschiedlichen Szenen – Frisch nennt sie „Bilder“ – des Dramas „Andorra“ beschäftigt, Szenen ausgewählt und sich dann überlegt, mit welchem Inszenierungskonzept sie die entsprechende Szene inszenieren wollen. Dabei wurden verschiedene Inszenierungsmethoden wie das Konzept der Mehrfachbesetzung einer Figur, das kanonische oder chorische Sprechen sowie die Bearbeitung des Originaltextes durch Ergänzungen, Zusammenfassungen oder Streichungen ausprobiert, diskutiert und angewendet.

Max Frisch selbst bezeichnete sein 1961 erschienenes Drama als ein Modell:

„Das Andorra dieses Stücks hat nichts zu tun mit dem wirklichen Kleinstaat dieses Namens, gemeint ist auch nicht ein anderer wirklicher Kleinstaat. Andorra ist der Name für ein Modell.“

Andorra zeigt, wie Vorurteile, Angst und das Eingliedern in die Gesellschaft sowie der Wunsch nach einem Platz in dieser zusammenhängen. Nichts beeinflusst einen Menschen so sehr wie die Aussagen und das Handeln seiner Mitmenschen, ganz gleich, ob man sich dessen stellt, es ignoriert oder verdrängt. Andorra ist – ohne Frage – ein Stück, welches zeigt, was passiert, wenn ich mich verurteilen lasse und der Angst hingebe, ganz gleich, ob ich in der Lage bin, mich von außen und selbst zu betrachten und mir ein eigenes Bild zu machen.

Und so ist „Andorra“ auch deshalb ein „Modell“, weil es ein Beispiel entwickelt, dessen tödliche Mechanik wiederholbar ist. Und damit hat Frisch ein zeitloses, immer noch aktuelles Drama geschrieben, dessen Aktualität durch eine Videoprojektion zu Beginn der Vorführung verdeutlicht wurde, in welcher ein Zusammenschnitt von gewaltsamen Übergriffen auf Asylanten und Asylunterkünfte sowie von Konzerten und Demonstrationen der rechten Szene unter der Überschrift „Willkommen in Deutschland“ gezeigt wurde.

Den krönenden Abschluss der Inszenierung bildete die sogenannte Zeugenschranken-Szene, in der die Andorraner noch einmal ihre Unschuld an Andris Tod bekräftigten und ihre Hände in einem Becken mit Blut badeten.

Am 5. April findet die Aufführung des Projektkurses noch einmal für die Klassen der Jahrgangsstufe 9 statt, welche im Unterricht das Drama gelesen und besprochen haben. Im Anschluss an die Veranstaltung soll es eine Diskussion der Neuntklässlern mit den Oberstufenschülerinnen und –schülern über die Inszenierung geben.